Fiassar Trachtlar
im Wandel

Vor bald 50 Jahren gab es in Bayern eine Fernseh- und Rundfunkanstalt, Telefone waren fest installiert in Wohnungen und Telefonzellen, Computer (fast) inexistent. Eine Fahrt „auf Marktoberdorf“ glich einer Weltreise und das kleine Füssen träumte im Dornröschenschlaf von besseren Zeiten. Die Jahre seit 1980 brachten der Welt einen massiven Wandel: Länder verschwanden, Regierungen wurden friedlich gestürzt und die zwischenmenschliche Kommunikation revolutioniert. Die einst klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben verschwamm zunehmend und ein Übermaß an Freizeit-Angeboten, Unterhaltungsprorammen und eine ungeahnte Mobilität führten dazu, dass viele Vereine zunehmend mit Mitgliederschwund zu kämpfen haben. Dazu trägt auch bei, dass patriarchalisch und hierarchisch geführte Vereinsstrukturen von einst den selbstbewussten Mitgliedern von heute nicht mehr vermittelbar sind.

Dieser gesellschaftliche Umbruch machte auch vor unserem Verein nicht halt. Fanden zum Ausgang des 20. Jahrhunderts noch regelmäßig Jugend- und Aktiven-Proben und bis zu 40 jährliche Auftritte bei Heimatabenden und Festen statt, sind diese heute erheblich reduziert. Der Wille, sich in einem Ehrenamt freiwillig für einen Verein zu engagieren existiert nach wie vor. Waren es aber früher viele, die mitmachten sind es heute wenige, die viel tun. So erfuhr auch unser einst reges Vereinsleben nach dem 100. Jubiläum im Jahr 2000 eine immer heftigere Zäsur. Urgesteine der Vereinslandschaft verstarben, rückwärtsgewandte Strukturen und fehlende Motivation führten stetig zu einem spärlicheren Vereinskalender und schwindenden Mitgliederzahlen.

2012 erfolgte ein Umdenken in der Vorstandschaft unseres Vereins. Weit mehr als eintausend Menschen haben die Neuschwanstoaner in bald sechs Generationen geprägt sowie Brauchtum und Bräuche gepflegt und weitergegeben. Diese Tradition galt es zu bewahren, aber auch zu überdenken. Arbeiten, Ämter, Aufgaben und Termine wurden und werden daher von Ausschuss- und Vorstandsmitgliedern hinterfragt. Wie macht man Menschen das Vereinsleben schmackhaft? Wie kann man Kinder, Jugendliche, Eltern und Großeltern weiter für unsere gemeinsame Trachtensache begeistern? Wie kann sich ein Verein, der Brauchtum und Heimat nach den Vorgaben „der Alten“ pflegt, attraktiv im Heute positionieren? Wie können Werte von einst in der Gegenwart vermittelt und in die Zukunft weiter gegeben werden?

Neu gestärkt aus diesem Umbruch schaut unser Verein mit 200 Mitgliedern heute wieder höchst motiviert in die Zukunft. Regelmäßig werden unsere Ziele angepasst und mit neuen, zukunftsweisenden Ideen ergänzt – selbst wenn dies für einen Traditionsverein ab und zu unbequem ist. Unsere Beteiligung am Jugendprojekt „MundART WERTvoll“ der Stiftung Wertebündnis Bayern erhielt 2016 Auszeichnungen der Bayerischen Staatsregierung und der Universität Augsburg. 2017 durften wir das 3-tägige 90. Gaufest des Oberen Lechgau-Verbands erfolgreich organisieren. Mit 7.500 Trachtlern aus dem gesamten Allgäu und dem In- und Ausland feierten wir ein unvergessliches Heimatfest in Füssen. Unsere Volks-Dänzla mit angesagten Kapellen aus Oberbayern, Schwaben und Württemberg sind mittlerweile weit über die Grenzen Füssens hinaus bekannt. Und mit der Etablierung des Historischen Fiassar Bürgergwands im Füssener Stadtbild zeigen wir unsere enge Verbundenheit zu unserer schönen Lechstadt.

Wünschen wir den Menschen, die die Geschicke unseres Vereins in die Zukunft führen weiterhin eine ruhige und besonnene Hand in zunehmend unruhigeren Zeiten – mit Gott

Füssen im Oktober 2018

Hauptvorstandschaft

Vereinschronik und Bildergalerie in bearbeitung.